Wanzen-Spitzorchis - Anacamptis coriophora

Familie: Knabenkrautgewächse - Orchidaceae

Kategorie: Alpenpflanze  

Wanzen-Spitzorchis Info

Anacamptis: gr. anakamptei = umbiegen (gedrehte Blüte); "Hunds­wurz"

andere Namen: früher Orchis coriophora, Wanzen-Knabenkraut

Die Wanzen-Spitzorchis (Anacamptis coriophora), ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine der am meisten vom Rückgang bedrohten mitteleuropäischen Orchideenarten.
Im Jahr 1997 wurde das Wanzen-Knabenkraut vom Arbeitskreis Heimischer Orchideen (AHO) in Deutschland zur „Orchidee des Jahres“ erklärt, um auf die hohe Schutzwürdigkeit und die Problematik der Zerstörung der Biotope aufmerksam zu machen.


Die Wanzen-Spitzorchis (Anacamptis coriophora, früher Wanzen-Knabenkraut (Orchis coriophora), ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Spitzorchis (Anacamptis) in der Familie der Orchideen (Orchidaceae).
Es wurde im Jahr 1753 von Carl von Linné in seinem Werk Species Plantarum erstbeschrieben und ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine der am meisten vom Rückgang bedrohten mitteleuropäischen Orchideenarten.
Das Wanzen-Knabenkraut ist ein sommergrüner, perennierender, krautig wachsender Knollengeophyt mit zwei eirunden Knollen als Überdauerungsorgan. Die Höhe des schwach kantigen, hellgrünen Stängels variiert von 20 bis 50 Zentimetern. An seinem Grund sind ein bis zwei bräunliche Schuppenblätter und zwei bis vier rosettenartige Grundblätter angelegt. Diese ungefleckten, breit lanzettlich, zugespitzten Rosettenblätter sind etwa 10 bis 19 Zentimeter lang und 2 bis 5 Zentimeter breit. Im oberen Teil des Stängels befinden sich zwei bis drei weitere Laubblätter, die aber nicht bis zur Blütenähre reichen. Die lanzettlichen, grün bis rot-braun überlaufenen Tragblätter werden 9 bis 11 Millimeter lang und 2 bis 2,5 Millimeter breit.

Der schmal zylindrische Blütenstand besteht aus 15 bis 40 kleinen, dicht beieinander stehenden Blüten. Ihre Farbe ist bräunlich, rot, rosa oder grünlich. Die Perigonblätter bilden einen schnabelartigen Helm. Die eiförmig zugespitzten Kelchblätter (Sepalen) sind etwa 6 bis 10 Millimeter lang und 2 bis 3 Millimeter breit. Die seitlichen Kronblätter (Petalen) sind linealisch, 4 bis 6 Millimeter lang und 1,5 bis 2 Millimeter breit. Die Lippe (Labellum) ist dreilappig, kegelförmig nach unten gebogen, 5 bis 10 Millimeter lang und 5 bis 6 Millimeter breit. Sie ist am Rand dunkler und in der Mitte mit purpurnen Punkten oder Strichen gezeichnet.

Die Blütezeit dieser Art beginnt im Mittelmeergebiet bereits im April, in Mitteleuropa Mitte Mai und endet Mitte Juli.


Standort

Die Wanzen-Spitzorchis hat ihren Lebensraum in mageren, moorigen Feuchtwiesen, lichten Wäldern und Gebüschen, aber auch auf trockenen bis feuchten, basenreichen Humus- und Tonböden.

Verbreitung/Vorkommen

Es findet sich in den Pflanzengesellschaften

* Verband Molinion caeruleae
* Verband Calthion

(Aufschlüsselung siehe: Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer)

In Europa ist die Wanzen-Spitzorchis in der meridional/montanen und temperaten, submediteranen Florenzone verbreitet.

Die obere Grenze der Höhenverbreitung liegt bei etwa 2500m (Marokko).

Das Verbreitungsareal erstreckt sich von Nordafrika über die iberische Halbinsel, die Balearen, Frankreich, Mitteleuropa, Süd- und Südosteuropa bis in Teile von Russland.
In Deutschland ist die Wanzen-Spitzorchis noch mit einigen Restvorkommen am Bodensee und in Bayern anzutreffen.
In Österreich ist die Wanzen-Spitzorchis in den Bundesländern Burgenland, Wien, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Salzburg selten. Im Alpengebiet allgemein stark gefährdet. Im nördlichen und südöstlichen Vorland der Alpen vom Aussterben bedroht.

Sonstiges

Bei einer Revision der Orchideenarten auf der Basis von genetischen Merkmalen wurde das damals noch Wanzen-Knabenkraut gemeinsam mit einigen weiteren Arten in die Gattung Hundswurzen (Anacamptis) als Anacamptis coriophora (L.) R.M. Bateman, Pridgeon & M.W. Chase (1997) eingeordnet. Dieser Name wird heute teilweise bereits als gültiger, neuer Name benutzt, hat sich jedoch bislang nicht vollständig durchgesetzt und ist auch bei Experten nicht unumstritten.

Neben dem gültigen Namen der Erstbeschreibung Orchis coriophora L. (1753) wurde diese Art im Laufe von etwas mehr als hundert Jahren mehrfach beschrieben. Die Namen dieser Beschreibungen gelten als Synonyme.
Vom Wanzen-Knabenkraut, (dem früheren Namen!) sind eine große Anzahl von Unterarten, Varietäten und Formen beschrieben worden, die von verschiedenen Autoren teilweise zu Arten erhoben wurden.

* Orchis coriophora subsp. carpetana (Willk.) Malag. (1968)
* Orchis coriophora subsp. fragrans (Pollini) K. Richt. (1890)
* Orchis coriophora subsp. martrinii (Timb.-Lagr.) Nyman (1882)
* Orchis coriophora subsp. olida (Bréb.) Nyman (1890)
* Orchis coriophora var. carpetana Willk. (1870)
* Orchis coriophora var. cassidea (M. Bieb.) Nyman (1882)
* Orchis coriophora var. dolichoceras Maire (1939)
* Orchis coriophora var. elongata Maire (1940)
* Orchis coriophora var. fragrans (Pollini) Boiss. (1842)
* Orchis coriophora var. lusciniarum Maire (1939)
* Orchis coriophora var. major E.G. Camus (1900)
* Orchis coriophora var. polliniana (Spreng.) Pollard (1824)
* Orchis coriophora var. sennenii A. Camus (1928)
* Orchis coriophora var. subsancta Balayer (1986)
* Orchis coriophora var. symphypetala Brot. (1827)

Das Wanzen-Knabenkraut hybridisiert mit nahe verwandten Arten wie mit der Pyramiden-Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), dem Kleinen Knabenkraut (Orchis morio) oder mit dem Sumpf-Knabenkraut (Orchis palustris).

* ×Anacamptorchis simarrensis E.G. Camus (1908) - (Orchis coriophora × Anacamptis pyramidalis)
* Orchis × olida Bréb. (1835) - (Orchis coriophora × Orchis morio)
* Orchis × timbalii Velen. (1882) - (Orchis coriophora × Orchis palustris)
* Orchis × parvifolia Chaub. (1821) - (Orchis coriophora × Orchis laxiflora)

Rote Listen:

Rote Liste Deutschland: 1 (vom Aussterben bedroht)

Rote Liste Bundesländer:
Baden-Württemberg:1
Bayern:1
Brandenburg:0
Hessen:0
Niedersachsen:0
Mecklenburg-Vorpommern:0
Nordrhein-Westfalen:0
Rheinland-Pfalz:0
Saarland:0
Sachsen:0
Sachsen-Anhalt:0
Thüringen:0

Das Wanzen-Knabenkraut ist eine der am stärksten vom Aussterben bedrohten Orchideen Deutschland. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war diese Art noch in ganz Deutschland vertreten. Heute gibt es nur noch einige wenige Restvorkommen in Baden-Württemberg und Bayern, die den allergrößten Schutzstatus genießen.

Rote Liste Schweiz: stark gefährdet

Regionen:
Nordjura: stark gefährdet
Westjura: ausgestorben
Nordostschweiz: ausgestorben
Westliches Mittelland: ausgestorben
Östliches Mittelland: stark gefährdet
Westliche Nordalpen: ausgestorben
Östliche Nordalpen: stark gefährdet
Westliche Zentralalpen: stark gefährdet
Östliche Zentralalpen: stark gefährdet
Südalpen: stark gefährdet

Das Wanzen-Knabenkraut hat einen Karyotyp von zwei Chromosomensätzen und jeweils 19 Chromosomen (Zytologie: 2n = 38).

Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza).

Sie wird von Fliegen bestäubt und hat einen Geruch nach Wanzen.

Wanzen-Spitzorchis Steckbrief

Blütenfarbe: grün, braun oder unscheinbar; rot, rosa oder purpurn;
Höhe/Länge von 15cm bis 30cm
Blütezeit von Juni bis Juli
Lebensraum: Ebene; Gebirge; Gewässer, Feuchtgebiete; Magerrasen; Mittelgebirge;
Blütenstand: Traube
Blattstellung: mittlere Stängelblätter wechselständig
Blattspreite: ungeteilt
Blattrand: ganzrandig;
Besonderheiten Blatt/Pflanze: parallele Blattnerven ( Kl.:Monocotyledoneae);
Verholzungsgrad: Stängel krautig
Lebensdauer: ausdauerndes Kraut (Staude);
Zeigerpflanze: Magerkeitszeiger; nährstoff / stickstoffarmer Boden;
Höhenstufen: Ebene / Tiefland (0-450m); Mittellage (450-1500m);
Höhenstufe min: 400m
Höhenstufe max. in den Alpen: 2000m
Nährstoffbedarf: nährstoffreich;
Bodenart: +/- humoser Boden; lehmiger Boden / Lehmboden; toniger Boden / Tonboden;
PH-Wert Boden: mild; neutral;
Bodenfeuchte: feucht; frisch;

Wanzen-Spitzorchis Garten / Anbau

Boden Beschaffenheit: +/- humoser Boden; lehmiger Boden / Lehmboden; toniger Boden / Tonboden;
Boden PH-Wert: mild; neutral;
Boden Feuchte: feucht; frisch;
Boden Nährstoffgehalt: nährstoffreich;
Viscum-Entoxin® NMatrix-Entoxin®Adenolin-Entoxin® NN
Erkältungs-Entoxin®

Literatur

Bildquellenverzeichnis





Weitere Pflanzen der Gattung Anacamptis



 

QR-Code für Wanzen-Spitzorchis

Scanne den QR-Code und hole die Pflanze ohne zu Tippen auf Dein Smartphone



Diese Webseite verwendet Cookies. Hier erfahren Sie alles zum Datenschutz