Roter Fingerhut - Digitalis purpurea

Familie: Wegerichgewächse - Plantaginaceae

Kategorie: Heilpflanze  Garten  Giftpflanze  Staude  Hummelblume  Alpenpflanze  

Roter Fingerhut Info

Digitalis: lat. digitalis = Fingerhut (wg. der Blütenform); "Fin­ger­hut"
purpurascens: purpurrot werdend

andere Namen: Sturmhut, echter Sturmhut, Fingerhut, Fingerkraut, Fuchskraut, Schwulstkraut, Waldglöckchen, Waldschelle

Der Rote Fingerhut wurde 2007 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.

Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist eine Staude aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Die Bezeichnung Digitalis (v. lat. digitus „Finger“) bezieht sich auf die charakteristische Blütenform.

Der Rote Fingerhut ist eine zweijährige, krautige Halbrosettenpflanze, seltener ausdauernd und aus den basalen Achselknospen wieder austreibend. Im ersten Jahr bildet sie eine Grundblattrosette, aus der im Folgejahr ein bis zu 150 cm hoher Spross treibt, der oberwärts mit purpurrot-violetten oder selten weißen, bis 6 cm langen, fingerhutähnlich geformten Blüten besetzt ist. Die unteren Blätter sind lang gestielt und besitzen einen keilig verschmälerten Grund, die oberen sind ungestielt. Sie sind am Rand kerbig gesägt und unterseits grauweiß behaart. Die Blattstellung ist spiralig, das sechste Blatt steht genau über dem ersten, was bei zwei Umläufen einem Divergenzwinkel von 144 Grad entspricht.


Standort

Man findet den Großblütigen Fingerhut zerstreut, aber gesellig in grasigen Staudenfluren, in Waldverlichtungen, Waldschlägen, an Waldrändern, in sonnigen Steinhalden. Er liebt mäßig basen-, mull- und stickstoffreichen Lehmboden. Nach ELLENBERG ist er eine Halblichtpflanze, subozeanisch verbreitet, ein Frischezeiger, ein Mäßigsäurezeiger, auf mäßig stickstoffreichen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart der Weidenröschen-Waldlichtungsfluren auf sauren Böden (Epilobion angustifolii).

Giftigkeit

Bereits der Verzehr von zwei bis drei Fingerhutblättern kann für Erwachsene tödlich enden. Aufgrund des bitteren Geschmacks kommt es allerdings selten dazu. Iatrogene (= durch ärztliche Maßnahmen hervorgerufene) Vergiftungen können im Rahmen einer Therapie vorkommen, da die Wirkungsbreite der Digitalisglykoside gering ist. Die ersten Anzeichen einer Vergiftung sind Übelkeit, Erbrechen, Ohrensausen, Schwindelanfälle. Hemmung der AV-Überleitung (Erregungsleitungssystem des Herzens). Dadurch verursachtes Sinken der Pulsfrequenz unter 50 (20) Schläge pro Minute.
Möglicher Tod durch systolischen Herzstillstand.

Inhaltsstoffe

Die Pflanze ist stark giftig. Hauptwirkstoffe sind Cardenolide (Herzglykoside) mit relativ geringem Gesamtgehalt:
Lanatosid A 0,02 bis 0,10%
Acetyldigitoxin 0.01 bis 0,08%
Digitoxin 0,01 bis 0,02%

Verwendung in der Pflanzenheilkunde

Der Rote Fingerhut ist in der Volksmedizin schon lange als Mittel gegen Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bekannt und wird seit dem späten 18. Jahrhundert medizinisch verwendet.
Der auffallenden Pflanze wurde weder im Mittelalter noch im Altertum große Bedeutung beigemessen. Eine Rezeptsammlung in walisischer Sprache aus dem 12. oder 13. Jahrhundert erwähnt erstmals eine äußerliche Anwendung der Blätter.
Eine deutschsprachiges Kräuterbuch aus dem 16. Jahrhundert nennt eine enzianähnliche Wirkung. Tabernaemontanus wusste 1588 noch keine Anwendung für diese Pflanze: „Wozu diese Kreuter zu gebrauchen seyn/ finde ich nicht bey den Authorn.“
Verwendet hat man ihn jedoch zu dieser Zeit bereits in Irland, verbunden mit magischen Bräuchen sollte es gegen den „Bösen Blick“ helfen. Die Engländer verwendeten die Pflanze als Brechmittel, zur Förderung des Auswurfs bei Bronchitis und um 1700 sogar gegen die Schwindsucht. 1748 zeigten Versuche der Académie Française, dass nach Verfütterung von Fingerhut an Truthähne deren Herz, Leber, Gallenblase und Lunge geschrumpft waren. Das führte dazu, dass auch die Engländer den Fingerhut seltener anwendeten.
Erst der englische Arzt William Withering griff 1775 auf ein altes Familienrezept (zur Behandlung der Wassersucht) zurück und behandelte mit Blättern des roten Fingerhuts erfolgreich Wasseransammlungen (Ödeme), die auf eine Herzschwäche zurückzuführen waren. Angeblich gestand ihm die Ehefrau eines seiner Patienten, dass sie auf eine Kräuterfrau zurückgegriffen habe. Allerdings – so behauptet es die Legende – wollte die Kräuterfrau ihm nicht Namen und Stand der Pflanze verraten; er ließ sie beobachten und fand, dass das Elixier der Kräuterfrau Digitalis erhielt.
Von 1776 bis 1779 führte Withering eine Reihe von Experimenten an Dutzenden seiner Herzpatienten durch. Aufgrund seiner Beobachtungen schloss er auch, dass sich das Pflanzengift des Fingerhuts im Körper anreichert, da die Wirkung des Medikamentes bei längerer Verabreichung zunahm. 1785 veröffentlichte er dann seine berühmte Abhandlung „An account of the Foxglove and its medical uses“. Diese Form der Therapie setzte sich jedoch anfänglich nicht durch und erst nach 1850 wurde Digitalis häufiger verschrieben. Dazu beigetragen hatten die Untersuchungen des französischen Arztes Drebeyne (1786–1867), der herausfand, dass Digitalis nicht nur harntreibend wirkt, sondern auch die Herztätigkeit stärkt. Der Chemiker Nativelle konnte 1868 dann den Wirkstoff isolieren. Weitere pharmakologische Untersuchungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte dann zu einer Bestimmung einer Reihe weiterer Wirkstoffe in mit dem Roten Fingerhut verwandten Fingerhut-Arten.
Die Wirkstoffe des Fingerhuts sind Herzglykoside, die heute überwiegend aus dem Wolligen Fingerhut gewonnen werden. Herzglykoside regen den geschwächten Herzmuskel an, sich wieder stärker zusammenzuziehen. Im therapeutischen Einsatz von Digitalis steht der Herzfrequenz senkende Effekt von Digitalis immer mehr im Vordergrund gegenüber der Stärkung der Herzleistung.
Wie norwegische Forscher festgestellt haben, wirken Fingerhutpräparate auch gegen Krebszellen.
In der anthroposophischen Medizin wird der rote Fingerhut zur Verbesserung der koordinativen Leistung des rhythmischen Systems zur Herzentlastung bei Rhythmusstörungen (Brachykardie und Tachykardie)und Altersherz eingesetzt.
(Digitalis purpurea, ethanol. Digestio, WELEDA)

Roter Fingerhut Steckbrief

Blütenfarbe: blau, lila oder violett; rot, rosa oder purpurn; weiß;
Höhe/Länge von 40cm bis 1,5m
Blütezeit von Juni bis August
Lebensraum: Gärten und Parks; Gebirge; Wälder, Waldränder, Gebüsche, Lichtungen, Böschungen;
Blütenstand: Traube
Blattstellung: mittlere Stängelblätter wechselständig
Blattspreite: ungeteilt
Blattrand: gekerbt; gezähnt;
Häufigkeit: zerstreut
Lebensform: Hemikryptophyten (Überdauerungsknospen liegen an der Erdoberfläche)
Lebensdauer: ausdauerndes Kraut (Staude); zweijährig;
Zeigerpflanze: kalkarmer Boden; Nährstoff / Stickstoffzeiger; Säurezeiger;
Höhenstufen: Mittellage (450-1500m);
Höhenstufe min: 100m
Höhenstufe max. in den Alpen: 1300m
Lichtbedarf: Halbschatten; Schatten;
Nährstoffbedarf: nährstoffreich;
Bodenart: +/- humoser Boden; kalkarmer / kalkfreier Boden; lehmiger Boden / Lehmboden; sandiger Boden / Sandboden; steiniger Boden / Kies / Grus;
PH-Wert Boden: mäßig sauer;
Bodenfeuchte: frisch;

Roter Fingerhut Garten / Anbau

Ausaat von 5 bis 7
Saatort: Direktsaat
Saattiefe: Nicht mit Erde bedecken (Lichtkeimer)
Lichtanspruch: Halbschatten; Schatten;
Boden Beschaffenheit: +/- humoser Boden; kalkarmer / kalkfreier Boden; lehmiger Boden / Lehmboden; sandiger Boden / Sandboden; steiniger Boden / Kies / Grus;
Boden PH-Wert: mäßig sauer;
Boden Feuchte: frisch;
Boden Nährstoffgehalt: nährstoffreich;

Tip:
Lass die verblühten Digitalis-Pflanzen im Garten stehen, es werden dann Samen gebildet, die sich von selbst wieder aussäen.

Magen-Darm-Entoxin® NBroncho-Entoxin® NNeolin-Entoxin®
Viscum-Entoxin® N

Literatur

Bildquellenverzeichnis


Schütze diese Pflanze besonders!

ACHTUNG: Nicht pflücken, sammeln oder zertreten!
Diese Pflanze ist evtl. geschützt und steht auf der Roten Liste Schweiz! Kategorie NT (Potenziell gefährdet)





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